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Sie erwarten ein Baby oder sind Eltern eines Kleinkindes? Das ist eine Zeit der Freude und Erwartung, die viel Neues mit sich bringt. Das bisherige Leben verändert sich grundlegend und Fragen jeglicher Art tauchen auf. Manchmal warten auch besondere Herausforderungen auf Lösungen. (Werdende) Eltern in ihrer neuen Rolle zu begleiten und zu unterstützen, ist der Leitgedanke der Frühen Hilfen. Der Austausch mit anderen Menschen in ähnlicher Situation kann dabei hilfreich sein.
Foto Frühe Hilfen Westend
(v. l.: Insa Deeken, Sandra Harrach-Prüller und Lea Zeschky mit ihren Kindern Elvis und Harriet


Die „Frühen Hilfen in der Stadt Wetzlar“ setzen hier genau an. Seit mittlerweile zwölf Jahren wenden sie sich mit verschiedenen Angeboten an alle werdenden Eltern in den betreuten Stadtteilen Derzeit sind das in städtischer Trägerschaft das Kinder- und Familienzentrum Nauborn und das Kinder- und Familienzentrum Niedergirmes. Darüber hinaus werden die „Frühen Hilfen“ auch im Familienzentrum Hermannstein/Blasbach (Diakonie Lahn-Dill), im Familienzentrum Westend (Caritasverband/Lahn-Dill-Eder e. V.), Frühe Hilfen in der Neustadt (Deutscher Kinderschutzbund e. V.) und im Kinder- und Familienzentrum der Lebenshilfe Wetzlar-Weilburg e. V. angeboten. In Dalheim werden Willkommensbesuche durch den Caritasverband Lahn-Dill-Eder mit Ayfer Bulut durchgeführt. Das Kinder-und Familienzentrum dort befindet sich im Bau. Bei Fertigstellung – geplant zum Sommer 2022 – werden dort dann auch Angebote stattfinden. Derzeit vermittelt Frau Bulut, wie der DKSB auch, an die angrenzenden Kinder-und Familienzentren.

In loser Reihenfolge stellen wir die Arbeit und Schwerpunkte der einzelnen Zentren vor.

Blick ins Westend

„Wenn man hier einmal angedockt hat, ist man mittendrin“, beschreibt Lea Zeschky ihre Erfahrungen mit den Frühen Hilfen und dem Familienzentrum Westend. Die Mutter von Elvis (4) und Harriet (2) lebt im Westend und lernte das Familienzentrum mit dem ersten Willkommensbesuch für Sohn Elvis kennen.

„Im Ordner, den ich bekommen habe, waren nicht nur die Angebote im Westend, sondern auch ganz viele Angebote von außen zu finden. Als Elvis größer wurde und ich merkte, dass er auch andere Kinder braucht, habe ich den Ordner wieder ausgepackt und ihn für die Spielgruppe und zum Kinderturnen angemeldet“, erzählt die zweifache Mutter. Und schon, als Elvis erst zwei Monate alt war, nahm sie bereits am Kurs „Mami gets fit“ teil, den das Familienzentrum gemeinsam mit dem Kooperationspartner TV Wetzlar anbietet. Wichtig für Zeschky: „Man hat hier immer eine Anlaufstelle, bekommt Beratung, kann einfach geradeheraus sagen, was man gerade braucht. Und am besten gefällt mir in diesem Stadtbezirk sowieso, dass hier so ein buntes Leben herrscht. Ob ich an der Funsporthalle vorbeilaufe, wo gerade Brennball gespielt wird. Oder ob sich Spielgruppen mit Menschen aller Kulturen treffen. Es ist einfach bunt. Hier ist immer was los und man kann immer kommen und teilnehmen. Es ist alles auf einem Fleck, und das ist schon sehr stadtteilspeziell.“ Dass Eltern sich Veranstaltungen wünschen können, dass man selbst viel mitgestalten kann und sie ihre zwei engsten Freundschaften im Westend gefunden hat, beschreibt Zeschky als größten Gewinn für sich selbst durch das Familienzentrum.

Sandra Harrach-Prüller ist die Koordinatorin des Familienzentrums im Westend. Sie ist auch zuständig für die Willkommensbesuche bei den Neugeborenen und ihren Familien. Knapp 50 sind das pro Jahr. „Sie werden gut angenommen, gerade bei den Zugezogenen, die noch auf der Suche nach Anschluss und Kontakten sind“, sagt Harrach-Prüller. Seit 2016 gibt es im Familienzentrum neben den Willkommensbesuchen auch die offene Hebammensprechstunde mit Regina Rothensee. „Vor der Corona-Pandemie war sie wirklich offen und die Familien konnten ohne Termin vorbeischauen. Jetzt müssen natürlich Termine abgestimmt werden. Und während der Lockdowns fand die Sprechstunde eine Weile auch nur telefonisch statt.“ Die knapp 50 Willkommensbesuche im Jahr erlebt Harrach-Prüller ganz unterschiedlich: „Manchmal gebe ich nur den Ordner ab und stelle kurz unsere Arbeit vor, aber manchmal findet schon eine richtige Beratung statt. Ich erkläre Dinge zur Verwaltung, was wo beantragt werden muss, beispielsweise bei geflüchteten Familien.

Harrach-Prüller und Insa Deeken, verantwortlich für Kinder/Jugend/Familie im Caritas-Verband, haben aber auch die Corona-Pandemie deutlich zu spüren bekommen. „Das gab auf jeden Fall einen Cut, aber wir haben uns relativ schnell neu orientiert und viele Online-Angebote gemacht. Den YouTube-Kanal gab es sowieso schon, der war wenig benutzt, aber wir haben ihn während der Lockdowns ausgebaut“, erklärt Deeken. Zum Programm gehörten Fingerreime, Babygymnastik, Gymnastik für Mütter, auch Vorlese-Aktionen haben stattgefunden. Übungsleiter vom Turnen haben eine Tiersafari ausgearbeitet. „Das war eine andere Normalität. Auch jetzt merken wir noch die Unsicherheit der Eltern, wo wir wieder Präsenztermine anbieten können.“ Außerdem sei das Interkulturelle im Westend sehr wichtig. Dass sich die vielen Menschen der verschiedenen Nationalitäten, die hier leben, angesprochen fühlen von den Angeboten. „Wir haben keine Insellage, wir sind offen für alle, setzen auf niedrigschwellige Angebote, die wenig sprachbasiert sind. Es wird zusammen gebastelt, spazieren gegangen, gemalt. Die Frühen Hilfen sind hierbei der Türöffner.“

Das wird er künftig noch mehr sein als bisher, denn der Stadtbezirk wächst. In der direkten Nachbarschaft entstehen 116 neue Wohneinheiten und mittelfristig noch einmal 40. „Dafür ist unser Familienzentrum  fast zu klein“, sagt Harrach-Prüller, die sich auf die neue Zeit aber freut. „Die Verstetigungsphase, die wir mit dem Projekt „Soziale Stadt“ hier hatten, beginnt dadurch eigentlich noch einmal neu.“  Zeschky ergänzt. „Ich glaube, das wird total spannend, weil sich alles noch einmal mehr mischt.“ Und wer im Familienzentrum Westend einmal angedockt hat, ist sowieso: mittendrin.