Geschichte mit Augenzwinkern
Mit der Kostümführung „Eine bestechende Karriere“ ist Autor und Regisseur Oliver Meyer-Ellendt ein echter Coup gelungen. Das muntere Verwirrspiel begeistert durch die irrwitzigen und ironischen Dialoge und wartet mit allerlei Situationskomik auf. Gepaart mit der historischen Spielstätte des Palais Papius und unter Einbezug einiger Exponate der Sammlung wird daraus ein vergnügliches Kammerspiel, das die Besucher zu einem äußerst kurzweiligen und vergnüglichen Rundgang im Palais Papius und durch die sich dort befindende Möbelsammlung von Irmgard Lemmers-Danforth einlädt. In den beiden Hauptrollen spielen Andrea Nesseldreher als Maria und Edgar Reinhardt als Assessor Johann Hermann Franz von Pape.
Vergnüglich aufbereiteter Stoff
Und nun hat Herr von Pape sich sogar der Bestechung schuldig gemacht. Schlimmer noch: Er wurde erwischt und sogar seines Amtes enthoben! Maria ist am Boden zerstört, hat sie doch schon genug damit zu tun, passende Ehemänner für die fünf Töchter zu finden. Ein Glück hat sie ausreichend Beruhigungspillen zur Hand. Den Gläubigern ruft sie zu: „Nehmen Sie sich einfach, was Ihnen gefällt!“ Herr von Pape wiederum, der so an seine Einnahmequelle aus den Bestechungen gewohnt ist, glaubt, er habe hier Gäste, die ihm Geld bringen wollen.
„Es ist keine Museumsführung“, erklärt Autor Oliver Meyer-Ellendt, daher sei die Möbelsammlung eigentlich nur Kulisse. Selbstverständlich halten auch einige Exponate Einzug in die Dialoge, allerdings nicht beschreibend, wie es etwa im Audioguide zum Museum erfolgt. „Es geht hier mehr darum, dem Publikum ein Gefühl zu geben für diese Zeit, und Herr von Pape ist dafür einfach eine tolle Figur“. Meyer-Ellendt gelingt es, den historischen Stoff vergnüglich aufzubereiten, dem Thema Bestechlichkeit seine Schwere zu nehmen und dem Ganzen noch ein Augenzwinkern zu verpassen.
Ins Palais Papius locken
Das Ziel der städtischen Sammlungen und der gastgebenden Tourist-Information: Mit der Kostümführung Menschen ins Palais Papius locken, die dem Museum mit der einzigartigen Ausstellung „Europäische Wohnkultur aus Renaissance und Barock“ ansonsten fernbleiben würden. Das Museum als Spielort hat dabei sowohl Vorzüge als auch Tücken. Durch das die Führung weitestgehend im Inneren stattfindet – nur bei schöner Witterung führt eine Szene nach draußen in den Innenhof, bei Regen verbleiben die Teilnehmer und Spielenden im Museum – ist man nicht vom Wetter abhängig. Zugleich führt das Spielen in Innenräumen dazu, dass die Dialoge deutlich komplexer ausfallen konnten als das sonst bei den Wetzlarer Kostümführungen der Fall ist. Meyer-Ellendt, der deutlich länger am Stoff gearbeitet hat (Corona sei in diesem Fall einmal gedankt!) als sonst üblich, entfaltet seine volle Kreativität und spielt seinen tiefsinnigen Humor, in dem auch die beiden Darsteller in ihrem engagierten Spiel voll aufgehen, gekonnt aus.
Immer wieder hat er Szenen überarbeitet, immer wieder geschliffen und so jede Menge Wortwitz geschaffen und Spitzfindigkeiten herausgearbeitet. Entsprechend pointiert ist so mancher Ausruf. „Heiraten Sie niemals einen Mann aus Liebe“, empfiehlt Maria den Teilnehmerinnen, „die Liebe vergeht und der Mann ist dann immer noch da!“ Schwierig ist jedoch der Umstand, dass in der Sammlung nichts angefasst und benutzt werden darf: „Wir dürfen uns nicht setzen, nichts abstellen, nichts anfassen“, erklärt Andrea Nesseldreher. Daher robbe sie in der Eröffnungsszene auch auf dem Fußboden herum: „Unter dem Schrank zu suchen, war die einzig machbare Variante“. Doch auch die Einbindung so manches Exponates in den Text gestaltete sich als schwierig: Im Palais Papius betreibt man wie in vielen Museen natürlich Provenienzforschung. Das bedeutet, dass überprüft wird, wie ein Stück ins Museum gelangt ist und wem es einst gehört hat. Dabei kommt es vor, dass ursprüngliche Eigentümer auf ein Exponat aufmerksam werden und dieses zurückfordern. So auch geschehen mit einem der bekanntesten Ausstellungsstücke der Sammlung Lemmers-Danforth: 2021 musste die Stadt Wetzlar die vergoldete Elefantenuhr zurück an die rechtmäßigen Erben geben. „Da baust du ein Exponat ins Stück ein und dann verschwindet es aus dem Museum“, schmunzelt Meyer-Ellendt.
Die vergnügliche Kostümführung wird etwa einmal im Monat als öffentliche Führung angeboten. Die nächste öffentliche Führung findet am Samstag, 20. April, 16 Uhr statt. Treffpunkt ist das Palais Papius in der Kornblumengasse. Darüber hinaus ist „Eine bestechliche Karriere“ für Gruppen buchbar – allerdings nur zu den Öffnungszeiten des Museums.
Die Tickets kosten 12 Euro, ermäßig 6 Euro. Ermäßigung gibt es bei öffentlichen Führungen für Kinder und Jugendliche von 6 bis 17 Jahren, Auszubildende und Studenten, Schwerbehinderte, Inhaber der Ehrenamtscard sowie Wetzlar-Card-Inhaber gegen Vorlage eines entsprechenden Ausweises. Tickets gibt es hier.