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Das Liebesdrama zwischen Goethe und seiner Lotte nachempfinden, juristische Schriften bestaunen oder auf spannende Reise durch die Geschichte Wetzlars gehen – die Wetzlarer Museen halten jede Menge Vielfalt für die Besucher bereit.
Empfangszimmer
In diesem Zimmer spielte Charlotte Buff Klavier - Goethe hörte zu. © Sabine Glinke

Ein Rundgang ist genau das Richtige für einen verregneten Wintertag. Wir starten unsere kleine Museums-Tour im Lottehof im Lottehaus, weichen aus ins benachbarte Stadtmuseum, wandern dann durch die Altstadt zum Jerusalemhaus am Schillerplatz und beschließen die Runde in der Hofstatt im Reichskammergerichtsmuseum. Das Optikmuseum Viseum und das Palais Papius mit der historischen Möbelsammlung Lemmers-Danforth sparen wir aus – beiden Häusern haben wir bereits umfangreiche eigene Vorstellungen gewidmet.

Originalausgabe Werther
Die Originalausgabe von "Die Leiden des jungen Werthers" erschien anonym. © Sabine Glinke

Wo einst Goethes Lotte lebte

Schon der Gebäudekomplex im „Lottehof“ – dem einstigen Deutschordenshof an sich ist sehenswert: Das später so genannte Lottehaus wurde 1653 in Fachwerkbauweise errichtet und erscheint auf älteren Plänen als „das hölzerne Haus“ oder „Wohnhaus wo der Verwalter wohnt". Als Heinrich Adam Buff 1740 als Verwalter in den Dienst des Deutschen Ordens trat und die Führung der Wetzlarer Ordensgeschäfte übernahm, war das Haus bereits über achtzig Jahre alt. Schummerig ist es im Inneren, Wände und Böden sind krumm und schief. Dass es im Lottehaus kein künstliches Licht gibt, ist gewollt, denn schließlich sollen die Besucher authentisch erfahren, wie man zu Goethes Zeiten gelebt hat. Mehrere Zimmer zeigen, wie eine besser gestellte Familie wie die Familie Buff damals lebte – vom Empfangszimmer mit dem Hammerklavier, an dem Lotte einst spielte und vom jungen Goethe angeschmachtet wurde über die Küche und die verschiedenen Schlafgemächer. Fast fühlt man sich angesichts historischer Waffeleisen oder heute unbekannter Gerätschaften wie eines Kienspanhalters wie bei „Dings vom Dach“. Besonders spektakulär: Die Sammlung an Übersetzungen von „Die Leiden des jungen Werthers“ in nahezu alle Sprachen der Welt und eine Werther-Originalausgabe, erschienen zur Leipziger Buchmesse und zunächst noch anonym. Es gibt außerdem auch gut erhaltene originale Handarbeiten, die von Lotte gefertigt und von den Nachfahren zur Verfügung gestellt wurden sowie das nachgeschneiderte Ballkleid von Lotte, das sich auch auf verschiedenen Gemälden wiederfindet. Insgesamt gibt das Lottehaus einen guten Einblick, wie eine wohlhabende Familie zu Goethes Zeiten gelebt hat.

Scheffel.
Ein altes Raummaß für Schüttgut wie Getreide: Der Scheffel. © Sabine Glinke

Spannende Spurensuche

Gleich nebenan im Stadtmuseum kann man in die bewegte Wetzlarer Geschichte eintauchen. Untergebracht in der ehemaligen Komturei und der Zehntscheune des Deutschordenshofes finden sich auf drei Etagen Relikte aus vergangenen Tagen. Eine Auswahl an archäologischen Exponaten aus der Gegend rund um Wetzlar zeigt die Bedeutung der Region seit vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Sechs Räume dokumentieren anhand ausgewählter Ausstellungsstücke die Geschichte Wetzlars bis ins 19. Jahrhundert. Egal, ob verwitterte und ersetzte Teile oder Zierfiguren des Domes, verschiedene Hauszeichen, wie sie noch heute in der Altstadt zu finden sind oder Relikte aus dem Dreißigjährigen Krieg: Im Stadtmuseum wird Geschichte lebendig. Natürlich fehlen auch die Exponate zum Thema Optik-Stadt Wetzlar nicht: Mikroskope, Kameras, aber auch Radios made in Wetzlar gehören zu den Ausstellungsstücken. Doch das Museum gibt den Besuchern auch spannende Rätsel auf: Auf der „Museumsbaustelle“ kann man selber auf Schnitzeljagd gehen. Hier sind einige Fundstücke aus heimischen Kellern und Dachböden zu sehen, zu denen die genaue Geschichte noch unklar ist. Die Museumsbesucher sind aufgerufen, sich zu beteiligen, sofern sie etwas zu diesen Fundstücken wissen. Wer selber etwas auf dem Dachboden findet, kann die regelmäßige Objektsprechstunde besuchen (jeden letzten Donnerstag im Monat). Ergänzt wird die Dauerausstellung durch wechselnde Sonderausstellungen im Bereich der Zehntscheune. Aktuell ist dort noch bis 29. Januar die Schau „Meydenbauer Busch – Pioniere der Photogrammetrie“ zu sehen.

Museumsbaustelle
Auf der Museumsbaustelle sind die Wetzlarer gefragt. © Sabine Glinke

Jerusalemhaus und Reichskammergerichtsmuseum

Unser Rundgang führt uns nun zum Schillerplatz in die Räume, in denen zur Zeit Goethes in Wetzlar Karl Wilhelm Jerusalem lebte und sich schließlich das Leben nahm. In zwei Räumen im Obergeschoss können die Besucher die tragische Geschichte, die zusammen mit Goethes unerwiderter Liebe zu Charlotte Buff zur Erzählung des Werthers führte, nachvollziehen, und sehen, wo der Jerusalem Selbstmord beging. Auch das Museum wenige hundert Meter weiter ist eng mit Johann Wolfgang von Goethe verknüpft; schließlich kam der einst als Praktikant ans Reichskammergericht nach Wetzlar. Wetzlar war bis 1806 Reichsstadt und Sitz des Reichskammergerichtes, dem obersten Gericht im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Das Reichskammergericht setzte Maßstäbe für die Justiz in Deutschland. Das Museum zeigt Originalzeugnisse aus drei Jahrzehnten deutscher Rechtsgeschichte.

Landrecht 1755.
Historische Rechtsschriften finden sich im Reichskammergerichtsmuseum. © Sabine Glinke

Öffnungszeiten und Infos

Die Wetzlarer Museen sind noch bis Ende März von 11 bis 16 Uhr geöffnet (Jerusalemhaus bis 17 Uhr), fürs Lottehaus und das Jerusalemhaus gibt es ein Kombiticket für 3 Euro pro Person. Bei allen anderen Museen gilt das Prinzip „Pay what you want“ – die Gäste bezahlen, was ihnen der Museumsbesuch wert ist. Führungen werden in allen Häusern ganzjährig angeboten. Neu ist auch die Möglichkeit, sich etwa durch das Lottehaus per Audio-Guide führen zu lassen. Achtung: Das Jerusalemhaus und das Lottehaus sind nicht barrierefrei! Alle Infos, auch zu Veranstaltungen und Sonderausstellungen immer aktuell unter www.museen-wetzlar.de.